Spielsucht – ein neues Phänomen oder alter Tobak?
Immer mehr Spielotheken schießen wie Pilze aus dem Boden, immer öfters kommt die Kasino Werbung im Fernseher. Glücksspiel ist zum täglichen Begleiter geworden. Doch ist Spielsucht ein neues Phänomen?
Spielsucht ist seit 2001 eine offiziell anerkannte Krankheit. Genaugenommen wird diese Krankheit pathologisches (krankhaftes) Spielen genannt. Es gibt das DSM (Diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen) und das ICD (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme). In diesen werden alle physischen und psychischen Krankheiten aufgeführt.
Laut dem DSM gibt es folgende diagnostische Kriterien (https://www.aerzteblatt.de/callback/image.asp?id=47817) für die Spielsucht:
• Starke Eingenommenheit vom Glücksspielen
• Steigerung der Einsätze zur Erreichung der gewünschten Erregung
• Wiederholte erfolglose Versuche, das Spielen zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben
• Unruhe und Gereiztheit beim Versuch, das Spielen einzuschränken
• Spielen als Flucht vor Problemen oder dysphorischer (freudloser) Stimmung
• Wiederaufnahme des Spielens nach Geldverlust
• Lügen gegenüber Dritten, um das Ausmaß der Problematik zu vertuschen
• illegale Handlungen zur Finanzierung des Spielens
• Gefährdung oder Verlust wichtiger Beziehungen, des Arbeitsplatzes oder von Zukunftschancen
• Hoffnung auf Bereitstellung von Geld durch Dritte
Treffen fünf dieser Kriterien zu, spricht man von einem pathologischen Spielen.
Laut ICD gibt es die folgenden diagnostischen Kriterien für eine Spielsucht:
A. Wiederholte (zwei oder mehr) Episoden von Glücksspiel über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr.
B. Diese Episoden bringen den Betroffenen keinen Gewinn, sondern werden trotz subjektivem Leidensdruck oder Störung der Funktionsfähigkeit im täglichen Leben fortgesetzt.
C. Die Betroffenen beschreiben einen intensiven Drang, zu spielen, der nur schwer kontrolliert werden kann. Sie schildern, dass sie nicht in der Lage sind, das Glücksspiel durch Willensanstrengung zu unterbrechen.
D. Die Betroffenen sind ständig mit Gedanken oder Vorstellungen vom Glücksspiel oder mit dem Umfeld des Glücksspiels beschäftigt.
Diese Klassifizierungen sind noch relativ jung, vergleicht man sie mit der Entstehung von Glücksspiel. Es wurde ein Würfel gefunden, aus den Jahren um 3000 vor Christus. Seit dem tauchten immer wieder Hinweise auf Glücksspiel aus. Damals gab es die oben genannten diagnostischen Kriterien noch nicht, die Spielsucht aber schon. Es gibt auch einige Hinweise und geschichtliche Aufzeichnungen, dass das Ausüben von Glücksspielen immer Mal wieder verboten wurde und auch unter Strafe gestellt wurde.
Was hat sich geändert?
Eine riesen Problem ist die heutige ständige Verfügbarkeit von Glücksspielen. Es eröffnen immer mehr Spielotheken und das Onlineangebot wächst ständig. Immer wieder tauchen neue Anbieter von Onlineglücksspiel auf und schalten Werbung. Ein weiteres Problem, ist der permanente Zugang zu Onlineglücksspielen über das Smartphone. So ist es nicht einmal mehr nötig, dass der Spieler das Haus verlässt und sich in eine Spielstätte begibt, sondern kann bequem vom Sofa aus dem Glücksspiel nachgehen. Die Verfügbarkeit wächst immer mehr und so gibt es auch immer mehr Menschen, die dem Glücksspiel nachgehen.
Was macht der Staat gegen die Spielsucht?
Von staatlicher Seite aus gibt es den Glücksspielstaatsvertrag (https://de.wikipedia.org/wiki/Gl%C3%BCcksspielstaatsvertrag). Dieser ist ein Vertrag zwischen allen 16 Bundesländern in Deutschland, ausgenommen dem Bundesland Schleswig-Holstein.
Der Glücksspielstaatsvetrag regelt den Spielerschutz. Dazu wurde folgende Ziele formuliert:
1. das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen,
2. das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern,
3. den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten,
4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden.
Die Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages wurde dann auf Länderebene in sogenannten Spielverordnungen geregelt. In den Verordnungen wird beispielsweise geregelt:
• welche Sperrstunden eingehalten werden müssen,
• dass keine Speisen und Getränke ausgeben werden dürfen
• dass keine Außenwerbung gemacht werden darf
• wie weit die einzelnen Spielstätten voneinander entfernt sein müssen
• wie die Zugangskontrolle aussieht
• etc.
Was sollte anders gemacht werden?
Sinnvoll wäre ein bundesweites, einheitliches Sperrsystem für Glücksspielsüchtige. Aktuell ist leider nur Hessen so weit, dass man sich in ganz Hessen für sämtliche Spielotheken sperren lassen kann. Hessen hat ein übergreifendes Sperrsystem eingeführt namens OASIS (Onlineabfrage Spielerstatus). Das heißt, wenn sich ein Spieler dort eintragen lässt, ist er in ganz Hessen für sämtliche Spielotheken gesperrt. Ein riesen Fortschritt wäre es, wenn die restlichen 15 Bundesländer mitziehen würden. Wünschenswert aber undenkbar wäre ein bundesweites einheitliches Sperrsystem. Da jedoch jedes einzelne Bundesland ein eigenes Landesglücksspielgesetz hat, stehen die Chancen hierfür sehr schlecht.
Was ist das Paradoxe an der Sache?
Die Einnahmen durch Glücksspiel unterliegen der Umsatzsteuer, sodass der Staat kräftig mitverdient. So gesehen kann das Interesse des Staates für den Spielerschutz gar nicht im Vordergrund stehen.
Die Automatenaufsteller werden mit dem Erstellen eines Sozialkonzeptes beauftragt und der Spielerschutz ein Stück weit in die Hände der Menschen gelegt, die überhaupt kein Interesse daran haben, die Menschen aus den Spielotheken zu halten.
Der Spielerschutz muss an eine außenstehende und vor allem unabhängige Stelle abgegeben werden, die keinerlei Berührungspunkte mit der Glücksspielindustrie hat. Erst wenn das der Fall ist, kann Spielerschutz wirklich und wahrhaftig umgesetzt werden und die Spielsucht nachhaltig bekämpft werden.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Mo von Glückszone.
Mo von Glückszone ist Gründer der Seite https://www.glueckszone.de
Glückszone ist ein Projekt eines Spielsüchtigen, der es geschafft hat spielfrei zu werden und auch zu bleiben. Mit der Glückszone möchte der Gründer anderen Spielsüchtigen dabei helfen, das zu schaffen, was auch er geschafft hat. Tipps und Tricks aus der Praxis, die funktionieren. Alle Maßnahmen, die dazu geführt haben, dass Mo spielfrei geworden und geblieben ist, findest Du in seinem Buch( https://www.glueckszone.de/glueck-findest-du-nicht-am-automaten/) .